Der Landesschef der Elektriker und eine Grünen-Staatssekretärin bei Ökowatt in Nürtingen
Infoveranstaltung am 08.11.21
Nürtingen. Alle Jahre wieder ein Klimagipfel ist wichtig, entscheidend aber wird sein, was vor Ort auf unseren Dächern geschieht. So die Erkenntnis aus einer Veranstaltung der Nürtinger Stiftung Ökowatt mit Andrea Lindlohr, Esslinger Landtagsabgeordnete und Staatssekretärin im neuen Ministerium für Wohnen sowie Thomas Bürkle, Vizepräsident der Handwerkerschaft im Land und damit Chef der Elektriker. Die kommen ins Spiel, weil sie die Energiewende mit ihrer Hände Arbeit vorantreiben sollen. Ja müssen, wenn die Erderhitzung unter zwei Grad gehalten werden soll. Bürkle macht durchgehend auf Zuversicht: „Ja, wir schaffen das, wenn wir es wollen.“ Indes, „es fehlt uns noch ein bisschen am Wollen“.
Viel mehr grüner Strom muss her. Das weiß nicht nur der studierte Elektrotechniker Bürkle, das ist die Quintessenz aller Studien zur Klimawende. Bürkle skizziert die Zukunft. Nicht der Elektriker wird aufs Dach klettern und die Module aufs Dach schrauben. Das macht der Dachdecker gleich mit und wird dabei von der Elektriker-Innung fachlich unterstützt. Sind die Module oben, kommt der Elektroniker für Gebäudesystemintegration ins Haus, ein neues Berufsbild mit dreieinhalb Jahren Lehrzeit für Abiturienten. Er vernetzt alle Anlagen so, dass etwa das E-Auto in der Garage dann geladen wird, wenn Lastspitzen und Leistungsdurchhänger im öffentlichen Netz aufgefangen werden müssen. Beide Seiten haben was davon. Der Bürger und die Erde.
Voraussetzung dafür ist das, was zuvor Andrea Lindlohr vorgestellt hat: die Fotovoltaik-Dachpflicht für Hausbauer ab dem 1. Mai 2022 und ab dem 1. Januar 2023, „wenn das Dach angefasst wird“ (Lindlohr), also bei grundlegender Dachsanierung im Bestand. Wie grundlegend die sein muss, dazu werde noch an einer Verordnung gearbeitet. Im Publikum saßen Handwerker. Für den Vertreter der Heizungsbauinnung ist jetzt schon klar, wozu das führen wird: Zu Vorzieh- und Vermeidungseffekten. Lindlohr und Bürkle aber sagen, dass es keine Alternative zur großflächigen Erzeugung vor Ort gibt. Bei Bürkle lautet das so: „Wir haben auch Kinder. Wir wissen, dass wir die Energiewende hinbekommen müssen.“
Die Architekten werden auf ihren Plänen alle Leitungen und Halterungen gleich mit zeichnen. Dann ist die Anlage in einem Tag auf dem Dach Die Stadtplaner werden neu denken müssen, weil, wie Lindlohr informiert, auch Parkplätze mit PV-Modulen überdeckt werden sollen. Wir sind schon zu spät dran. Deshalb die von Kretschmann jüngst einberufene Task Force, um zwei Prozent der Landesfläche mit Windrädern und Freiflächen-PV-Anlagen zu belegen. Konflikte sind unausweichlich. Aber auch da sieht Bürkle eine Lösung. Werden die Module aufgeständert, kann die Fläche drunter genutzt werden.
Freilich ist Gemeinsinn gefordert. Konkret: Wer nur sein Heim klimawetterfest macht und zu hundert Prozent den eigenen Strom selbst speichert, eben auch zu seinem eigenen Vorteil langfristig, der hilft wenig beim Umbau zu den Erneuerbaren. Dies auch nicht auf Kosten der Mieter und Geringverdiener gehen. Da müsse sich die Bundespolitik was einfallen lassen. Gerhard Schwenk, Vorstand bei Ökowatt, sieht es so: „Eigentum verpflichtet“.

Bild und Text, oekowatt stiftung